Neues Third Mission-Projekt "Städtische Stuhlversammlungen"

Städtische Stuhlversammlungen zur kritischen Öffentlichkeitsproduktion. Sitzen in Wien Meidling, Donaustadt, Brigittenau (Leitung: Felix Gaillinger)

Third Mission Projekt "Städtische Stuhlversammlungen zur kritischen Öffentlichkeitsproduktion. Sitzen in Wien Meidling, Donaustadt, Brigittenau" (November 2023 - November 2024)

Gefördert durch die historisch-kulturwissenschaftliche Fakultät, Universität Wien

stuhlversammlungen.euroethno@univie.ac.at

Leitung
Felix Gaillinger, M.A.

Projektteam
Isabella Hesse, M.A. | Sebastian Kunig | Katharina Petsch, B.A.

Kooperationspartner*innen im Wien Museum:

Alina Strmljan, M.A. | Dr. Matti Bunzl

Kooperationspartner*innen bei dérive - Verein für Stadtforschung:

Lene Benz, M.A. | Sandra Voser, M.A.

Illustrationen
Daria Galkina, B.A.

 

Das Ziel des Third Mission-Projekts besteht darin, eine öffentliche und ortsspezifische kritische-re (sic!) Publizität zu schaffen, die sich jenseits prominenter Debattenvertreter*innen und stark formalisierter Organisationsstrukturen durch alltägliche Zugänge und Perspektiven auf das Sitzen zusammensetzt. Das Projekt zielt darauf ab, einen Austauschmodus über das Sitzen zu schaffen, der durch seine Zugänglichkeit verschiedene nicht gehörte und nicht sichtbare Stimmen von Stadtbewohner*innen zusammenführt – unter anderem aus unterschiedlichen Milieus, Altersgruppen, Ethnizität und Geschlecht. Wie auch der Kultursoziologe Andreas Reckwitz (2020) herausgearbeitet hat, sind diejenigen, die sich aktiv in solche politischen Debatten einbringen, oft Vertreter*innen einer urbanen und liberalen Mittelklasse. Sie haben bereits ein bestimmtes Verständnis dafür habitualisiert, dass und warum sie sich proaktiv in das Engagement um die Gestaltung urbaner Räume einbringen sollten. Wie bekannte Öffentlichkeitstheoretiker*innen, so zum Beispiel Jürgen Habermas (1962), Hannah Arendt (1960) oder auch Oskar Negt und Alexander Kluge (1972), jedoch längst argumentiert haben, ist Öffentlichkeit, die dabei hergestellt wird, eine spezifische, die kein breites Perspektivenspektrum abbildet, sondern sich aus planerischen, politischen und (sozio-)ökonomischen Interessen nährt. Solche selektiven bzw. partiellen Öffentlichkeiten agieren unter dem Deckmantel der demokratischen Teilhabe, lassen jedoch viele Positionen außer Acht, die über die bürgerlichen Normen hinausgehen. Erprobt werden soll das Format der städtischen Stuhlversammlung in den Bezirken Donaustadt, Meidling und Brigittenau, also an Orten, die in Wien einerseits starke Zuschreibungen von außen erleben und andererseits nicht in der Kernzone Wiens liegen, die in Politik, Medienöffentlichkeit und Stadtplanung bereits eine breite Beachtung erfährt. Ethnographischen Grundsätzen folgend, die die Relevanz der Kontextualität und Kontextualisierung des Gesprächsortes akzentuieren, plant das Projektteam die Durchführung von Diskussionen im Freien in Form von städtischen Stuhlversammlungen, die zwar als didaktisch-pädagogische Maßnahme in Bildungsinstitutionen und als therapeutische Praxis im psychiatrischen Behandlungsalltag längst etabliert und zur Norm geworden sind, jedoch im öffentlichen Raum und hinsichtlich der konkreten Teilnehmenden weniger geplant noch ein Novum darstellen. Die Stühle sollen jeweils ganztätig an neuralgischen und noch näher zu definierenden Punkten aufgestellt werden, so etwa an (Bahnhofs-)Plätzen im jeweiligen Bezirk.

 

Geplante Endprodukte: Ausstellung, journalistische Veröffentlichung (voraussichtlich Sonderbeilage im Umfang von 8 Seiten, Auflage 16.000-20.000 Stück), Radiosendung