Europäische Ethnologie

… ist eine Alltagskulturwissenschaft

Die Europäische Ethnologie ist eine empirische Kulturwissenschaft, die den gesellschaftlichen Alltag in Geschichte und Gegenwart erforscht. Ihre Themenfelder sind vielfältig: Der Wandel von Arbeits- und Lebenswelten oder städtischen Räumen ist ebenso Untersuchungsgegenstand wie das Aufkommen von Protestbewegungen, alternativen Szenen und Milieus oder die Themenfelder Flucht und Migration, Mensch-Tier-Beziehungen oder Fußballfankulturen. Diese thematische Vielfalt spiegelt die Offenheit europäisch-ethnologischer Perspektiven und Fragestellungen und verortet das Fach an der Schnittstelle ethnologischer, sozialwissenschaftlicher, wirtschaftsgeschichtlicher und historischer Disziplinen.

Die Spezifik der Europäischen Ethnologie als wissenschaftlicher Disziplin markieren ihre Schlüsselbegriffe „Kultur“ und „Alltag“. Kultur wird nicht als etwas Statisches oder Abgeschlossenes verstanden. Weder bleibt sie den Lebensstilen gesellschaftlich privilegierter Schichten vorbehalten noch ist sie Synonym für zeitlich überdauernde Traditionen ländlicher Lebenswelten. Kultur meint vielmehr eine dynamische, im steten Wandel begriffene Ausdrucksform gelebter Wirklichkeit. Kultur bezeichnet das Wie gesellschaftlichen Zusammenlebens und seiner alltäglichen Verhandlungen. Kultur gleicht damit einem Modus des Sozialen und des praktischen Lebensvollzugs. Um kulturelle Alltagsphänomene zu untersuchen, richtet die Europäische Ethnologie ihren Blick auf soziale Praktiken und deren Deutung. Sie interessiert, warum Menschen handeln, wie sie handeln, und wie sie ihren Alltag als das für sie Selbstverständliche und Unhinterfragte erleben, erfahren und erzählen.

 

… arbeitet kulturanalytisch

Eine Kulturanalyse umfasst ein Bündel unterschiedlicher Methoden, mit denen nicht die Gesellschaft als Ganzes untersucht wird, sondern soziale Ausschnitte aus akteurszentrierter Perspektive in den Blick genommen werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, kommen flexible methodische Verfahren zum Einsatz. Kombiniert werden ethnografische Zugänge wie die Feldforschung (teilnehmende Beobachtung) mit qualitativen (biografischen, narrativen, offenen) Interviews sowie Diskurs-, Bild- und Objektanalysen, ergänzt durch historisch-archivalische Methoden.

 

… hat viele Namen

Die Europäische Ethnologie ist eine Disziplin, die an Universitäten im deutschsprachigen Raum viele Namen hat. Die frühere Bezeichnung „Volkskunde“ wurde vielfach durch andere Begriffe abgelöst, die die Programmatik und das Profil des Faches treffender beschreiben:  Neben „Europäischer Ethnologie“ (Wien, Innsbruck, Berlin) sind dies „Kulturanthropologie“ (Graz), „Empirische Kulturwissenschaft“ (Tübingen, Zürich) und „Populäre Kulturen“ (Zürich) – Bezeichnungen, die auch in Querstrichverbindungen wie „Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie“ (Göttingen) geführt werden. Die unterschiedlichen Benennungen deuten jeweils inhaltliche, begriffliche und methodisch-theoretische Veränderungen gegenüber der Ausgangsdisziplin Volkskunde an und beruhen auf teils lokalen, hochschulpolitischen, teils inhaltlich unterschiedlichen Akzentuierungen der jeweiligen Fachvertreterinnen und Fachvertreter.

 

… erschließt unterschiedliche Berufsfelder

Studierende der Europäischen Ethnologie erlangen die Kompetenz, empirisch fundiert kulturwissenschaftlich zu analysieren und zu argumentieren. Das Studium leitet dazu an, Themen selbständig zu erschließen, und qualifiziert die Absolventinnen und Absolventen für unterschiedlichste Berufsfelder wie Ausstellungswesen, Museumsarbeit, Erwachsenenbildung, Forschung und Beratung zu Migration und Stadtteilarbeit, Kulturarbeit, Journalismus und Medienarbeit. Da für ein erfolgreiches Umsetzen der im Studium erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt Einblicke in Berufsfelder unerlässlich sind, bietet das Studium der Europäischen Ethnologie praxisbezogene, projekt- und anwendungsorientierte Lehrveranstaltungen an.

 

… kann im Bachelor und Master studiert werden

Während das sechssemestrige Bachelor-Studium der Europäischen Ethnologie das wissenschaftliche Rüstzeug kulturwissenschaftlichen Denkens und Forschers vermittelt, vertiefen und erweitern Studierende im daran anschließenden viersemestrigen Master ihr erworbenes Wissen und ihre Kompetenzen. In diesem Rahmen ermöglicht ein zweisemestriges Studienprojekt, ein Forschungsthema intensiv und gemeinsam in einer Gruppe zu erschließen und in Form einer Publikation oder Ausstellung einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.

 

… wirft Fragen auf

Selbständigkeit und Eigenverantwortung sind nicht nur Schlagworte und Leitbegriffe unserer pluralisierten und individualisierten Alltagswelt. Sie kennzeichnen auch das Selbstverständnis und die Notwendigkeit des europäisch-ethnologischen Studiums. Nicht nur Inhalte, sondern auch der Ablauf und die Organisation des Studiums können Fragen aufwerfen. Um diese vor und während des Studiums zu klären, bietet das Wiener Institut für Europäische Ethnologie verschiedene Anlaufstellen: Neben den Sprechstunden der Lehrenden und dem Sekretariat sind die Studierendenvertreterinnen und -vertreter des Instituts Ansprechpersonen, die Studieninteressierte ebenso adressiert wie Studierende. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten, Fragen zu stellen und Antworten zu finden, spiegeln zugleich das Selbstverständnis der Europäischen Ethnologie, die Wissenschaft als einen Kommunikations- und Diskussionsraum begreift.