Recherchieren und Bibliographieren
Was war zuerst, die Forschungsfrage (—> Kapitel „Themenfeld und Forschungsfrage“) oder die Literatursuche? Die Antwort ist: beides! Während ihr euch über ein Thema informiert und so zu einer Forschungsfrage vortastet, sucht ihr bereits Literatur dazu. Was diese Suche ergibt, beeinflusst auch euer Thema und Konzept. Denn vielleicht ist euer Vorhaben mit der gefundenen Literatur gar nicht realisierbar oder ihr findet bei der Recherche etwas, das euch noch viel mehr interessiert.
Es gab schon vor euch schlaue Leute nicht zuletzt in eurem Fach, die sich Gedanken zu eurem Thema gemacht haben. Dieses Wissen in Form von Literatur ist der Ausgangspunkt eures, jedes wissenschaftlichen Arbeitens. Denn die Wissenschaften leben davon, das Rad nicht immer neu zu erfinden, sondern darauf aufzubauen, aber auch zu diskutieren, was andere bereits erreicht haben. Literatur ist allerdings ein sehr weiter Begriff und kann für Texte von Schriftsteller_innen genauso stehen wie für wissenschaftliche Publikationen. Wir beziehen uns im Folgenden auf wissenschaftliche Literatur und sprechen teilweise auch von Forschungsliteratur. Ihr werdet sehen, es gibt viele verschiedene Diskurse und Ansätze. Im Laufe des Studiums lernt ihr, euch in dieser Forschungslandschaft zu platzieren
Wissenschaftliche Textsorten und Publikationsformen
Es gibt verschiedene wissenschaftliche Textsorten. Wir möchten euch einen Überblick geben über die wichtigsten Textsorten, die ihr für euer Studium braucht. Über Arbeiten, die ihr selbst schreiben werdet, findet ihr im Kapitel —> „Textsorten“ mehr. Hier geht es vor allem um wissenschaftliche Publikationsformen, die euch beim Lesen begegnen werden. Zu wissen, welche Art von Text vor einem liegt, hilft einerseits im Umgang mit ihm. Andererseits ist so klarer, was ihr euch von ihm erwarten könnt.
Eine mögliche Unterscheidung ist diejenige nach Autor_innenschaft und Publikationsform. Womit ihr häufig zu tun haben werdet, sind:
Monografien: Ein ganzes Buch zu einem Thema, die Monografie hat einen oder mehrere Verfasser_innen, die gemeinsam an einer Fragestellung gearbeitet haben.
Sammelbände: Ein Werk, das Beiträge von verschiedenen Autor_innen zu einem Thema versammelt. Die Zusammenstellung der einzelnen Beiträge wird von Herausgeber_innen koordiniert.
Zeitschriftenartikel: Damit sind wissenschaftliche Zeitschriften gemeint, oft auch Journals genannt. Im Vergleich zu Monografien und Sammelbänden haben die in Zeitschriften abgedruckten Texte den Vorteil, schneller publiziert und damit aktueller zu sein.
Tagungsberichte: Auf Tagungen und Konferenzen treffen sich Wissenschafter_innen und reden über neue Entwicklungen oder spezielle Themen. Tagungsberichte können sehr aufschlussreich sein und werden in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht.
Tagungsbände: Die einzelnen Beiträge zu derartigen Tagungen werden teilweise in Sammelbänden herausgegeben und können – wie etwa die Kongressbände der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde – einen guten Überblick über den Stand der theoretischen und empirischen Ansätze im Fach geben.
(Ausstellungs-)Kataloge: Wir haben eine sehr enge Beziehung zum Berufsfeld Museum und Ausstellung. Viele unserer Forschungsthemen wurden schon einmal in einer Ausstellung verarbeitet.
Literatur finden und auswählen
Wo findet ihr all diese Bücher und Zeitschriften und wie wählt ihr sie aus? Es gibt Literatursuchmaschinen für alle Bücher der Uni Wien (u:search), aber auch österreichweit und für andere Organisationseinheiten. Genauso gibt es Datenbanken, etwa für Zeitschriften, schaut euch einmal auf der Webseite unserer Fachbereichsbibliothek um. Tipp: Es gibt tolle Bibliothekseinführungen der Uni Wien, die euch die Literaturrecherche genau erklären. Zusätzlich empfiehlt es sich die Literatur anzusehen, auf die in Texten, die ihr bereits zu eurem Thema gefunden habt, verwiesen wird.
Gerade am Anfang ist es schwer zu entscheiden, welche Texte für das Forschungsthema relevant sind und zu eurer Fragestellung passen. Es gibt hilfreiche Überblickswerke, die ihr zum Beispiel in unserem Handapparat in der Fachbereichsbibliothek findet. Und es ist immer eine gute Idee, die Lehrveranstaltungsleiter_innen und Mitstudierende nach Anhaltspunkten für eure Literaturrecherche zu fragen. Allerdings sollten sie nicht eure Arbeit für euch machen, ein selbstständiges Auseinandersetzen mit der Literatur führt zu einem guten Einarbeiten und einem besseren Erschließen von Literatur.
Die Recherche geht meist zuerst in die Breite, dann in die Tiefe. Wichtig ist bei jedem Werk der Kontext, in dem es entstanden ist. Nur so könnt ihr das Geschriebene einordnen. Texte transportieren Positionen von Autor_innen und ihrer Zeit, egal wie objektiv sie wirken mögen/möchten
Verwendete Literatur dokumentieren
Der sogenannte „Belegapparat“ gehört zu den Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens und Diskutierens. Er ist nicht nur nützlich beim Recherchieren von Literatur (siehe oben), sondern gleichzeitig auch eine essenzielle Anforderung beim Verfassen wissenschaftlicher Texte.[1] Der Sinn dahinter ist, überprüfen zu können, woher die Autor_innen ihre Ideen haben und wie sie sich in die Forschungslandschaft einordnen. Es ist wichtig zu wissen, welcher Gedanke in deiner Arbeit von wem kommt. Ihr könnt und sollt natürlich eigene Positionen entwickeln. Aber es muss klar sein, wo ihr euchh inhaltlich auf andere Publikationen bezieht oder vor allem wörtlich Textteile übernehmt, und wo eure Überlegungen, Interpretationen und Schlussfolgerungen zu finden sind.
Damit die verwendete Forschungsliteratur auffindbar ist, gibt es auch Regeln, wie Belege angegeben werden. Es gibt verschiedene Systeme – wichtig ist bei allen Angaben, dass diese einheitlich benutzt werden. Was auf jeden Fall enthalten sein muss: Wer hat das Werk geschrieben? Wie heißt es? Wann ist es erschienen? Ist es Teil einer Publikationsreihe? Wenn es sich um einen Beitrag in einem Sammelwerk handelt: Auf welcher Seite beginnt und auf welcher Seite endet der Artikel? Meistens werden auch der Verlag und die Auflage angegeben.
Es macht Sinn, von Anfang an Literatur zu sortieren und bibliografieren, das sind Listen von Publikationen zu einem spezifischen Thema, zu sammeln. Dabei helfen Literaturverwaltungsprogramme. Der Zentrale Informatik Dienst (ZID) der Uni Wien bietet dazu Kurse an. Viele Programme sind kostenlos und einfach zu verstehen, beispielsweise das gratis open source-Literaturverwaltungsprogramm Zotero.
(Maria Prchal)
Weiterführende Literatur:
Fabian Franke u.a.: Schlüsselkompetenzen: Literatur recherchieren in Bibliotheken und Internet. Stuttgart u.a. 2014.
—> Die Auswahl von Datenbanken, Suchmaschinen und Suchbegriffen ist herausfordernd - hier bietet dieses Buch eine Hilfestellung und unterstützt gleichzeitig in der Einschätzung und Auswertung der Ergebnisse.
Klaus Niedermair: Recherchieren und Dokumentieren. Der richtige Umgang mit Literatur im Studium. Konstanz 2010.
—> Zur Auswahl, Analyse und Verwaltung von Literatur und Information gibt Klaus Niedermair Anleitungen und Tipps. Ziel ist, die Fähigkeiten und Techniken des Recherchierens und Dokumentierens zu vermitteln.
Joachim Stary, Horst Kretschmer: Umgang mit wissenschaftlicher Literatur. Eine Arbeitshilfe für das sozial- und geisteswissenschaftliche Studium. Berlin 1994.
—> Auch wenn dieses Werk vielleicht schon älter ist, die Tipps, um sich Texte anzueignen - alleine und in Gruppen - sind zeitlos.
Anhänge
Vorschlag Formatvorlage Fußnote: An unserem Institut und generell in den Geisteswissenschaften wird häufig mit Fußnoten zitiert. Ein Beispiel für diese Belegweise und eine Vorlage zur stilistischen Gestaltung eurer Texte findet ihr im Anhang.
Vorschlag Formatvorlage Amerikanisch: Mit einem Kurzverweis im Text zitieren ist vielleicht nicht so üblich in unserem Fach, aber absolut legitim. Ein Beispiel für diese Belegweise und eine Vorlage zur stilistischen Gestaltung eurer Texte findet ihr im Anhang.
Literaturrecherche Universität Bielefeld: Auf der Webseite der Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bielefeld findet ihr ein Handout, das Tipps und Anleitungen zur Literaturrecherche gibt. Allerdings muss jeder seinen eigenen Weg durch den Dschungel der Datenbanken finden.
Links
Schnelles Erstellen einer Bibliographie mit Zotero: https://zbib.org/ (Zugriff: 30.05.2020)
Schulungsangebot der Universitätsbibliothek: https://bibliothek.univie.ac.at/schulungen.html (Zugriff: 30.05.2020)
Fachbereichsbibliothek für Europäische Ethnologie: https://bibliothek.univie.ac.at/fb-europ_ethnologie/ (Zugriff: 30.05.2020)
[1] Wenn man Textteile oder Gedanken, die aus anderen Publikationen kommen, nicht kenntlich macht, gilt das als Plagiat – und das kann (studien)rechtliche Folgen haben.